Kunst und Kultur auf Samsø, Samsø - Meine Insel

Der Aufenthalt gibt Schaffenskraft

Wenige Tropfen nach und nach…Das heiße Wasser trifft auf die frisch gemahlenen Kaffeebohnen. Sorgfalt und Eleganz mischen sich in das Aroma, das sich in der Küche verbreitet. „Bitte sehr, hier ist der Kaffee“, sagt Thomas während er den Kaffee in die kleinen, emaillierten Keramiktassen einschenkt. Die Tassen wurden aus dem lokalen Lehm von der gegenüberliegenden Seite des berühmten Dorfteichs gefertigt.

 
Freiraum
Die Kinder sind gerade zusammen mit einigen anderen Spielkameraden aus Nordby zum Strand geradelt. Anna und Thomas Kluge setzen sich in der Sonne am Gartentisch zurecht. „Samsø ist wirklich ein Freiraum für uns alle – Erwachsene und Kinder. Im täglichen Leben sind wir eine vielbeschäftigte Familie wie so viele andere, wo alles bis ins Detail geplant ist. Wenn wir auf Samsø eintreffen, legen wir als erstes die Uhr ab, dann können wir es dem Zufall und der Lust überlassen, wie der Tag aussehen soll“, erklärt Anna, die von Beruf Pastor und Propst in Næstved ist.

Anna hat schon seit ihrer Kindheit Samsø besucht. Ihre Eltern mieteten ein Haus in Stauns und kauften später ein Grundstück in Mårup, worauf sie ein Haus bauten. „Ich habe fast immer meine Ferien auf Samsø verbracht und ich weinte immer, wenn mein Vater die Koffer packte und wir nach Hause mussten“, erinnert sie sich.

Auch Thomas ist seit 1969 regelmäßig auf die Insel gekommen. Deshalb war es auch kein schwerer Beschluss, ein Ferienhaus in Nordby zu bauen, welches häufig das ganze Jahr über benutzt wird. „Es ist natürlich herrlich im Sommer und wir können Eis essen, aber wir genießen auch die Stille und Dunkelheit im November. In Laufe der Zeit haben wir einige Bräuche angenommen, die auch die Kinder sehr schätzen. In den Herbstferien schneiden wir Kürbisse und nehmen am Nachtlauf im Labyrinth teil, zu Ostern kullern wir Eier die Hügeln hinunter“, erzählt Anna.

Das Dach von Samsø
„Es ist als ob man aus dem Kleiderschrank in Narnia tritt“, sagt Thomas als wir eine kleine Steigung überwinden. Wir schauen alle auf den Boden, um die Füße richtig auf den schmalen Pfad zu setzen – dann plötzlich eröffnet sich die Landschaft. Vor uns erstrecken sich die mächtigen Hügel zum Meer hin und auf dem Gipfel dieses mythologischen Terrains thront ein alter, verwundener Apfelbaum.

Wir befinden uns im „Langdalen“, eines der von Anna und Thomas bevorzugten Gebiete. „Wir haben es als das Dach von Samsø getauft“, erklärt Anna und greift mit der Hand nach einem noch nicht ganz reifen Apfel. „Wir kommen oft mit einem Picknickkorb hierher und genießen die Weite in der Stille und den Raum um uns herum und über uns“.

Der Einfluss des Dunklen
Schaut man auf Thomas dort unter dem Apfelbaum, ist es ganz offensichtlich, dass er sich auf diesem Platz in der Landschaft wohlfühlt. Anders verhält es sich, wenn er vor der Leinwand steht. „Nur bei ganz wenigen meiner Werke hat die Landschaft eine bedeutungsvolle Rolle. Landschaft fuchst mich! Ab und zu versuche ich es, aber oft werde ich so wütend, dass ich alles schwarz male“, sagt er mit einem neckischen Lächeln.

Die schwarze Farbe und das zuweilen Düstere ist bezeichnend für Thomas‘ Stil und seine Werke. „Das Schwarze führt zu einer ganz besonderen Intensität bei dem, was ich hervorheben möchte. Das Motiv steht mehr für sich selbst, mehr nackt und da ist nicht etwas, das verwirrt und tarnt oder aber es macht es in diesem Zusammenhang einfacher für das Auge. Das Schwarze fordert mehr von mir, aber wahrlich auch von dem, der das Werk betrachtet“, erklärt Thomas.

Mein eigener Weg
Aus der Dunkelheit treten die fotorealistischen Porträts hervor, für die Thomas inzwischen bekannt ist. Seit seiner Anerkennung 1994 hat er einige der mächtigsten Personen in Dänemark porträtiert u.a. Königin Margrethe II., Kronprinz Frederik, den Reeder Mærsk Mc-Kinney Møller und den ehemaligen Premierminister Anders Fogh Rasmussen.

2013 wurde Thomas Kluge auch in großen Teilen Europas bekannt. Grund dafür war das Werk „Kongehuset“ (Königshaus), wobei die königliche Familie auf eine Weise abgebildet wurde, die eine britische Zeitung mit „The World‘s creepiest royal portrait“ kommentierte.

Thomas ist sehr zufrieden mit dieser großen Aufmerksamkeit: „Es ist eine große Provokation in meinen Werken. Wenn man Porträts malt und dies dazu noch mit der Inspiration von den großen Meistern aus der Barock- und Renaissancezeit, ist es schwer, von den etablierten Kunstinstitutionen anerkannt zu werden. Mein Stil passt einfach nicht in die etablierten konformen Rahmen. Ich wurde ganze drei Mal von der Kunstakademie abgewiesen und ich werde auch nicht von den großen Museen aufgefordert, auszustellen. Deshalb musste ich meinen eigenen Weg finden und ich habe dies auf meine Weise getan.“

Platz für das Nahestehende
Laut Anna hat Thomas auf Samsø einige seiner intimsten und besten Bilder geschaffen. Bilder von den Kindern und dem Familienleben, aber auch von Johannes (dem Täufer) und eine Reihe von kleinen Stilleben-Motiven, die fast ganz in die Materie von blauen Anemonen, Erdbeeren und Granatäpfeln eingehen.

„Wenn wir auf Samsø eintreffen, geht die große Umwelt auf eine Weise in Winterschlaf. Keine TV-Nachrichten. Es wird Platz und Zeit für das Nahestehende, das von Bedeutung ist – und dies kommt zum Ausdruck in den Dingen, die ich hier schaffe“, erklärt Thomas, während er das kleine Atelier, das im Haus eingerichtet ist, vorzeigt.

Obwohl Thomas es liebt, viel Zeit mit Anna und den Kindern zu verbringen, wenn sie sich auf Samsø aufhalten, dann fällt es ihm trotzdem schwer, auf Leinwand und Pinsel zu verzichten. „Ich kann einfach nicht längere Zeit ohne die Malerei sein. Die Pinsel dürfen nicht zu lange im Stillstand sein. Aber wir bekommen für alles Zeit und ich bin bestimmt besser auszuhalten, wenn ich mich ab und zu in die Malerei vertiefen kann“.

• Anna Helleberg Kluge ist eine Pastor und Propst in Næstved und war Elite-Ruderer.
• Thomas Kluge ist autodidaktischer Kunstmaler und debütierte im 1993.
• Im Jahr 2019 stellt er auf der Burg von Kronborg aus.
• Anna und Thomas waren 2007 verheiratet und haben insgesamt fünf Kinder.

Zuletzt geändert: 11/08/2020 14:38