Samsø - Meine Insel

Ørum, der Champion

Es ist mehrere Jahre her, dass Samsøs wohl erster Meisterkoch sein Leben als Küchenchef an den Nagel gehängt hatte, um sich einer Schulküche zu widmen. Søren Ørum hat seinen Restaurantjob gegen eine Stelle als Küchenleiter an der Privatschule Samsø Frie Skole getauscht. Seine Vision ist, dass die Kinder alles probieren sollen.

Als Boxchampion steigt Ørum jeden Tag mit den Schülerinnen und Schülern in den Ring der kulinarischen Erlebnisse. Vor allem in Sachen Fisch und Gemüse berät er sich mit ihnen. „Einige Schülerinnen und Schüler sind von Helikoptereltern erzogen worden, die ihre Kinder vor Fisch und Gemüse ‚verschont‘ haben. In der Küche sind die Schülerinnen und Schülern aus der 0. bis zur 9. Klasse dabei, und es ist spannend, sie zu prägen. Ich lasse sie Rote Bete mit Honig kosten, Holunderblüten und Ingwer. Zu Anfang probieren sie vorsichtig, aber weil ich zu ihnen in der Küche eine gute Beziehung habe, kann ich sie herausfordern. Wir tasten uns vorsichtig heran, und mit jeder Menge Liebe und Vertrauen ist es nicht so kompliziert, Kindern eine gute und angemessene Essenskultur zu vermitteln“, erklärt Søren.

Von Soße zu Saison
Søren hat eine wahre Leidenschaft für Essen. Seine Großmutter war Köchin und eine wahre Meisterin in Sachen Fleisch, Kartoffeln und dicker, brauner Soße. Als Kind war er in Großmutters Küche dabei, und das Essen wurde früh zum Dreh- und Angelpunkt seines Lebens. Obwohl der Schwerpunkt in seiner Kindheit nicht auf dem Gemüse lag, sollte das Samsøer Gemüse Søren als Koch definieren. Nach seiner Lehrzeit im Kopenhagener Luxushotel Hotel d’Angleterre, Anstellungen in einem Londoner Michelin-Restaurant und Arbeit bei Sterneköchen wie René Knudsen und Erwin Lauterbach zog er 1988 nach Samsø.

Hier rückte das Gemüse so richtig in den Mittelpunkt, und vor allem die Idee von Gemüsearten der Saison war ein innovativer Ansatz. „Auf Samsø hatte ich erfahren, was es bedeutet, saisonbetont zu arbeiten. Im Februar gibt es Seehasen, dann kommt die Petersilie, hinterher der Rhabarber und der Spargel. Aber erst 10 Jahre nach dem Abschluss meiner Kochlehre fiel bei mir der Groschen. Es war so inspirierend, und das Gemüse ist für mich seitdem das wichtigste an einem Gericht. In meiner Küche in Nordby, die ich 31 Jahre lang betrieb, fuhr ich voll auf Gemüse ab”, erzählt der ehemalige Kochbuchautor und Küchenchef, der es jetzt genießt, ein häufiger Gast in den gastronomischen Einrichtungen der Insel zu sein.

Er lebt nach der Devise, dass Geld für kulinarische sinnvoll ausgegebenes Geld ist. „Ich finde, dass das Niveau der Restaurants auf Samsø im Moment unglaublich hoch ist. Es wird wahnsinnig gutes Essen zubereitet. Es gibt hier mehrere Köche mit Erfahrung aus Restaurants mit Michelin-Sternen, und dieses Niveau kann auf Samsø schwer abzusetzen sein. Aber sie sind gut darin, Fine Fining in leckeres Essen, das allen vorgesetzt werden kann, umzusetzen.“

Samsøs gute Köche
Søren sagt, dass es ein Vergnügen ist, die gastronomischen Angebote auf Samsø zu besuchen. Denn im Gegensatz zu früher, als es vielleicht ein gutes Restaurant gab, ist es beeindruckend, was heute angeboten wird. „Zu den besten zählt das Kilo For Kilo in Tranebjerg, dessen Küchenchef Jacob Raunsgaard einer der kreativsten Köche ist, denen ich je begegnet bin. Er kann sehr schlichte und einfache Gerichte zubereiten, bei denen der Geschmack überrascht – einfach wunderbar! René Knudsen vom Ballen Badehotel macht gutes, gediegenes Essen, das immer ein Vergnügen ist. Er bereitet klassische und simple Gerichte zu – so, wie ich sie am liebsten mag. Aber es ist schwer, einen Favoriten zu ernennen, denn es gibt auch noch das Skipperly und das SAK, wo in diesem Jahr junge, moderne Köche angestellt wurden, die ein wenig experimentieren durften. Die Restaurantszene auf Samsø ist momentan wirklich vielseitig“, so Sørens Einschätzung.

Keine Starallüren
Man kann nicht behaupten, dass Søren ein fertiger Mann ist. Er räumt aber ein, der alte Mann in der Branche zu sein und will sich nicht hervortun. Nach 40 Jahren kennt er viele aus der Branche, geht aber nicht ins Restaurant, um andere zu beobachten oder um zu fachsimpeln. „Ich war der Star. Die großen dänischen Tageszeitungen haben viele gute Bewertungen über mich geschrieben.” Aber Søren Ørum zeigt keine Starallüren. „Ich bin der einfachste Gast und bedanke mich beim Personal für das leckere Essen. Wenn ich essen gehe, tue ich es, um mit meinen Begleitern Zeit zu verbringen. Ich mag es nicht, mitten im Hauptgang von einem Koch unterbrochen zu werden, der fragt, ob das Essen schmeckt. Zu gutem Service zählen auch Feingefühl und Timing. Ein guter Kellner kann spüren, ob der Gast diskrete Bedienung oder Konversation bevorzugt. Und es ist natürlich auch schön, wenn das Essen und die Geschmacksrichtungen so komponiert werden, wie man es nicht erwartet hätte.“

Jeder Koch hat seinen Traum
Als Søren 1988 nach Samsø kam, hatte das beste Restaurant ein Gericht auf der Karte, das aus Dosenananas mit Hühnersalat bestand. Søren findet, dass er mit seinem Restaurant zu ehrgeizig begann, und er musste daran arbeiten, ein passendes Niveau zu finden. Seine Philosophie lautet, dass genügend Essen da sein muss, und er erzählt lachend, dass er sich nicht von kleinen Gerichten mit Schaum und einem mit einer Pinzette aufgelegten Blütenblatt beeindrucken lässt. „Es ist gut möglich, dass das Restaurant Dokken für den traditionellen gebratenen Schweinebauch keinen Michelin-Stern bekommt, aber es schmeckt trotzdem wunderbar. Es muss Köche und Küchen für alle Geschmäcker geben, und wir auf Samsø müssen uns nach den Gästen richten, die uns besuchen. Jeder Koch hat seinen Traum, der aber in eine konkrete Realität auf einer Insel umgesetzt werden muss“, beendet Meister Ørum das Gespräch. Er muss nach Hause, um der Entwicklung von Gerichten mit seinem Lieblingsgemüse, Topinambur, einen rechten Haken zu verpassen. „Als Koch arbeite ich wohl nach derselben Devise wie ein Boxer: Es macht mehr Spaß, auszuteilen als einzustecken.“

Zuletzt geändert: 24/02/2021 16:34