Samsø´s Geschichte

Als die Badegäste kamen

Ein einfallsreicher Kaufmann, ein extra langes Bett und ein landesweit bekannter Dichter gaben den Auftakt zum Tourismus auf Samsø.

 

Holger Drachmann
Holger Drachmann

Auf Hochzeitsreise
Im Jahre 1879 heiratete der Maler und Dichter Holger Drachmann Emmy Culmsee. Die Flitterwochen waren auf Island geplant, aber kurz vor Abfahrt wurden die Pläne geändert und das Brautpaar stieg stattdessen in den Zug nach Kalundborg. Damals musste man die Fähre nach Jütland nehmen, um von dort aus nach Samsø zu fahren.

Als die Fähre anlegte, stieg das Hoch¬zeitspaar aus und war sofort von der Insel eingenommen. Nur die Unterkünfte im damaligen Gasthaus in Onsbjerg fie¬len nicht nur in der Achtung des Dichters gering aus: keine Gäste waren da und durch die niedrigen Decken musste sich der hochgewachsene Drachmann „jedes Mal, wenn er durch eine Tür ging, fast zu einem Knoten einrollen“, wie er es selbst ausdrückte.

Ein Treffen im Ausschank mit dem un¬ternehmungslustigen Kaufmann Lars Rasmussen aus Ballen kam Drachmann deshalb gerade recht, der gesagt haben soll: „Wenn Sie bei uns einziehen, las¬se ich eigens für einen Mann von Ihrer Format ein maßgeschneidertes Bett an¬fertigen.“

 

Kaufmann Lars Rasmussen
Kaufmann Lars Rasmussen

Gute Gastfreundschaft
Im Købmandsgård in Ballen fühlte sich das Ehepaar prächtig aufgehoben. Die Gastwirtleute und das Personal sorgten für reich gedeckte Tafeln und einen immer vollen Barschrank im Ziergarten. Während des Tages sowie am Abend zog das Paar in die samsøer Natur hinaus, über die Emmy schrieb: „Es liegt eine solch feierliche Atmosphäre in der großen Stille dieser Natur […] Ein Tag folgt dem anderen. Alles geht unter, um wieder aufzu¬stehen.“

Kaufmann Rasmussen verstand schon damals, dass Rezept für glückliche Gäste aus gutem und persönlichem Service und wahr¬haftiger Gastfreundschaft bestand. Als das Paar ein paar Monate später wieder in Kopenhagen war, hatte die Insel ihre ersten Botschafter gewonnen – und war der Tourismus auf Samsø geboren.

Die Sommerpension
In den nachfolgenden Jahren betrieb Lars Rasmussen neben seiner vielseitigen Tätigkeit als Kaufmann eine Sommerpension „für ausländische Gäste. Viele haben im Laufe der Jahre unter seinem Dach gewohnt und eine wunderbare Zeit in seinen bescheidenen, aber gastfreundlichen Zimmern verbracht. Seine Vorstellung der Verpflichtungen eines Wirtes reichen weit über das gewöhnliche Maß hinaus“, wie die Zeitung „Dannebrog“, im Jahre 1897 anlässlich des 80. Geburtstags des Kaufmanns berichtete.

In Lars Rasmussens ausführlichen Tagebucheinträgen lernen wir, dass zwischen der Kaufmannsfamilie und ihren Gästen oft star¬ke Verbindungen entstanden: „Wir vergessen nie die milden Tränen, die wir miteinander vergossen haben, möchten Ihnen aber herzlichst für die wonnigen Stunden danken, die wir zusammen verbringen durften“, schrieb er über „die Badefremden“ im Jahre 1884.

Die Betuchten und Berühmten
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Tourismus richtig Fahrt auf. Orte wie Købmandsgården und später das, was heute als Walthers Hvile in Ballen bekannt ist, wurden jeden Sommer von Pensionsgästen besucht, die oft für Wochen am Stück blieben. Samsø erreichte einen besonderen Status bei Künstlern und dem Kopenhagener Bürgertum und es war nicht ungewöhnlich, dass die Zeitungen dort Reporter unterbrachten um den Promi-Tratsch aufzuzeichnen.

Service auf Samsøisch
Heute, fast 150 Jahre nach Drachmanns erstem Aufenthalt auf der Insel, ist die samsøer Gastfreundschaft nach wie vor weit verbreitet und beliebt. Die Hotelgastgeber sind in der Regel auch die Eigentümer und deshalb können Sie den gleichen freundlichen und persönlichen Service erleben, fast wie zu Zeiten, als der Kaufmann ein Bett für den langen Dichter maßschneidern ließ.

Wohnen in historischen Räumen
Købmandsgården in Ballen gibt es immer noch als Unterkunft, und gehört weiterhin einem Rasmussen – in der vierten Generation. Die sechs Ferienwohnungen sind alle mit schönen alten Möbeln und liebevollen Details eingerichtet, so dass Sie sich leicht in Drachmanns Zeit zurückträumen können. Sogar den Barschrank im Ziergarten gibt es noch – nur den Sherry müssten Sie selber mitbringen.

Zuletzt geändert: 25/02/2016 12:26